MOLISE: DAS UR-ITALIEN
Nach der gestrigen Klettertour am Gran Sasso sind wir heute nur schwer aus unseren Betten gekommen. Mit etwas Verspätung setzen wir uns in unseren Cinquecento und fahren weiter über Stock und Stein durch die Berge Richtung Molise - die kleinste und unbekannteste Region Italiens.
Es ist ein Stück unberührtes, ursprüngliches, fast archaisches Italien, das seit dem 6. Jhd. v. Chr. besiedelt ist. Hier hat der Mensch mühevoll das Land dem Berg abgerungen. Auf den Felsen thronen gleich Festungen kleine uralte steinerne Orte mit verwinkelten Gassen, während das Grünland ringsum seit jeher ausschließlich für die Land- und Viehwirtschaft genutzt wird. Die Zeit scheint im Molise stehen geblieben zu sein. So werden beispielsweise die von den Römern einst in den Bergen angelegten "tratturi", mit uralten Steinen markierte Wege, bis heute benutzt, und es gibt Produkte und Speisen, wie sie schon die Menschen vor Jahrhunderten zubereiteten. So ist die Region bekannt für ihr gehaltvolles Olivenöl und die unzähligen Käsesorten. Außerdem wurde hier immer schon die robustere Ur-Weizenform Dinkel angebaut, aus der auch das köstliche Brot gemacht wird, das ganz nach Tradition auch heute noch im Holzofen gebacken wird. Auch die Pasta wird aus diesem Mehl gemacht. Täglich bereiten die Hausfrauen sie selbst von Hand zu...
Ein Märchen? Nein! Bittere Realität. Denn die Bevölkerung ist alt. Das Molise stirbt aus. Der Großteil der Jugend will heute nicht mehr so mühevoll leben und wandert in die großen Städte ab, die ihr ein moderneres Leben und v.a. Arbeitsplätze bieten. Seit Jahren gibt es Orte, in denen nicht ein einziges Kind geboren wurde. Es gibt sogar böse Stimmen, die besagen, dass das Molise gar nicht existiert: "Il Molise non esiste".
Aber zum Glück gibt es seit Kurzem eine Gegenbewegung, die das Molise retten will. Unter dem Motto "Il Molise resiste" (Das Molise leistet Widerstand) #ilmoliseresiste versucht eine Gruppe von jungen Menschen mit Hilfe von staatlichen Subventionen, alte Ortskerne zu revitalisieren, das Handwerk zu fördern und den Tourismus als letzte Chance in die Region zu bringen. Sogar die Ansiedlung von Ortsfremden und auch Ausländern in aussterbenden Orten wird staatlich subventioniert. 3 Jahre lang erhalten Menschen, die sich dazu entschließen, in einem solchen Ort ein Haus zu kaufen und hier zu leben, € 700 pro Monat vom Staat. Na, wenn das kein Grund ist, endlich den Traum vom eigenen Haus in Italien wahr zu machen!
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